Schlagwort-Archive: Bücher

Der fliegende Schreibtisch

Hauspost CoverbildManchmal sehe ich Arbeitszimmer von Leuten, da möchte ich nur noch wegrennen. Steht da irgendwo ein Schreibtisch? Man sieht ihn nicht. Alles voller Papier, Zettel, Notizen, Bücher. Und alle schreien: Zu mir! Lies mich! Hör mir zu! Ich bin wichtig!

Leute, die so leben, nennen dieses Chaos kreativ. Schön, wenn sie sich darin zurechtfinden. Bei mir sieht es anders aus. Alte Themen werden weggeräumt, Zettel an die richtigen Stellen gelegt, spiegelglatt wie ein See am Morgen liegt der Schreibtisch vor mir. Nichts lenkt mich ab von dem, was jetzt entstehen soll. Eine neue Welt. Mein Schreibtisch ist mein fliegender Teppich und je weniger Gepäck wir dabei haben, desto höher steigen wir auf.

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Schwarzweiß

Hauspost CoverbildIm Nachruf auf den verstorbenen Schauspieler wird spätnachts eine Fernsehdiskussion aus den 1970er-Jahren gezeigt. Schwarzweiß, klar. Und alle rauchen! Der Moderator der Diskussion steht sogar auf und gibt dem Schauspieler Feuer. Ich bin fassungslos und frage mich, was ich wohl in zwanzig, dreißig Jahren am heutigen Normalen ungewöhnlich finden werde. Und ob das dann das ist, was von gestrigen Büchern übrig bleibt: Die Freude am seinerzeit Normalen. Die vor uns haben immer gesponnen und waren barbarisch, und das sind wir im Rückblick auch.

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Schriftstellerin oder Autorin

Hauspost CoverbildIch war zehn oder elf Jahre alt, da wusste ich, was ich einmal werden will, wenn ich groß bin. Schriftstellerin, nicht Autorin. Das Wort war damals noch gar nicht fahrtüchtig. Ich stellte mir eine Dame vor, die in einem Zimmer voller Bücher saß und Kette rauchte, während sie auf ihre Schreibmaschine einhackte. Alles in allem eine recht ungesunde Lebensweise. Aber Autofahren ist auf Dauer auch ungesund. Ich bin dabei geblieben. Ich bin Schriftstellerin – und habe trotzdem ein Auto.

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Ode an die Fingerknöchelchen

Hauspost CoverbildUnglaublich eigentlich diese Fingerknöchelchen. Ich habe in meinem Leben wahrscheinlich mehrere zehntausend Seiten getippt. Im Rechnen bin ich eine Null, vielleicht auch hunderttausende von Seiten bei 70 veröffentlichten, 7 unveröffentlichten Büchern, und nicht zu vergessen der Blog! Und die Mails. Und der ganze Rest. Die Fingerknöchelchen haben mitgemacht. Immer einsatzbereit, immer frisch geschmiert, motiviert. Danke ihr kleinen Knöchelchen!

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Die Beichtmutter

Hauspost CoverbildDer Ghostwriter von Helmut Kohl hat sich materialisiert und ausgeplaudert, was ihm anvertraut wurde. Ach! Ich könnte ja auch so viel Interessantes erzählen. Nach rund 40 Büchern als Ghostwriterin … und was für interessante und tolle und verrückte und beeindruckende Menschen ich da kennengelernt habe. Aber Ghostwriting ist wie Beichte oder Psychoanalyse. Nicht Klappern, sondern Schweigen gehört zum Geschäft, weiß die Beichtmutter.

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Die Frucht der Furcht

Hauspost CoverbildIrgendwann einmal werde ich alle meine Bücher lesen. Und ich fürchte mich davor. Ich sage: Wenn mir mal langweilig ist, tu ich es. Allein das ist ein Grund, nie an Langeweile zu leiden. Oder ich sage: Wenn ich mal im Gipsbett liege für sechs Wochen. Allein das ist ein Grund, fit zu bleiben. Denn wie wäre das … Es sind ja keine Manuskripte. Es sind erwachsene Bücher, die auf eigenen Beinen stehen, in fremden Wohnungen in Regalen liegen oder im Keller. Leben sie noch? Oder sind es Leichen? Wie würde ich heute empfinden, was ich vor zehn, zwanzig Jahren schrieb. Vor der Sprache fürchte ich mich nicht, eher vor dem Blick auf die Welt. Andererseits: Würde ich mich nicht fürchten, hätte ich womöglich tatsächlich Grund, mich zu fürchten.

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Buch-Halter

Hauspost CoverbildManchmal, wenn Besucher mein Arbeitszimmer sehen, zucken sie ein klein wenig zusammen. Ich merke, dass sie die Ordnung dort zuweilen nicht mit ihrem Bild einer Schriftstellerin zusammenbringen. Bei einer Schriftstellerin müssen sich Bücher und Papiere stapeln, Schriftsteller leben in einem kreativen Chaos. Dieses kreative Chaos ist gelegentlich auch in Zeitungen zu bewundern, wenn ein kleines Männlein, das häufig einen runden, bald dreistelligen Geburtstag feiert, zwischen Papierbergen sitzt und selbst ein bisschen aussieht, als wäre es unterwegs, zu Papier zu werden. Mir wird bei so einem Anblick immer ganz klamm. Wer kennt sich in einem solchen Tohuwabohu noch aus! Diese Kollegen und Kolleginnen im Papierdschungel sind natürlich erfolgreich, sonst wären sie ja nicht in der Zeitung abgebildet. Ich frage mich manchmal, ob sie überhaupt Freizeit genießen können. Wahrscheinlich leide ich an Vorurteilen, doch ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie sich wohl fühlen und immer alles sofort finden. Das ist auch gar nicht möglich, weil das Suchen allein ja schon eine gravierende Umschichtung bedeutet.  Weiterlesen

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