Manchmal, wenn Besucher mein Arbeitszimmer sehen, zucken sie ein klein wenig zusammen. Ich merke, dass sie die Ordnung dort zuweilen nicht mit ihrem Bild einer Schriftstellerin zusammenbringen. Bei einer Schriftstellerin müssen sich Bücher und Papiere stapeln, Schriftsteller leben in einem kreativen Chaos. Dieses kreative Chaos ist gelegentlich auch in Zeitungen zu bewundern, wenn ein kleines Männlein, das häufig einen runden, bald dreistelligen Geburtstag feiert, zwischen Papierbergen sitzt und selbst ein bisschen aussieht, als wäre es unterwegs, zu Papier zu werden. Mir wird bei so einem Anblick immer ganz klamm. Wer kennt sich in einem solchen Tohuwabohu noch aus! Diese Kollegen und Kolleginnen im Papierdschungel sind natürlich erfolgreich, sonst wären sie ja nicht in der Zeitung abgebildet. Ich frage mich manchmal, ob sie überhaupt Freizeit genießen können. Wahrscheinlich leide ich an Vorurteilen, doch ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie sich wohl fühlen und immer alles sofort finden. Das ist auch gar nicht möglich, weil das Suchen allein ja schon eine gravierende Umschichtung bedeutet. Weiterlesen
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Warum Autoren zu den Großkopferten gehören
Wer hat wann was gesagt und vor allem, noch viel wichtiger: Was hat er nicht gesagt? Wer war wann wo und hat behauptet, wo anders zu sein? Wie lag die Leiche? Wer hat was gegen wen und weiß es womöglich gar nicht?
Ich schreibe einen Krimi. Mein Kopf wird immer größer, breiter, dicker. Ich merke mir die Augenfarben, Sprechweisen, Angewohnheiten, Familienverhältnisse, Jobs – die Leben von rund zwanzig Personen und was passiert, wenn sie aufeinander treffen. Was passieren könnte. Das alles soll dann irgendwie aufgehen. In einem schönen Krimikuchen.
Im Moment geht noch allein mein Kopf auf. Deshalb gehören Schriftsteller ja auch zu den Großkopferten Leider zahlt sich das nicht aus. Höchstens in Gehirnzellen, und dafür kann man sich in der Regel nichts kaufen. Bald passe ich nicht mehr durch die Tür meines Arbeitszimmers. Ich werde für immer hier bleiben. Dort beginnt dann der nächste Krimi. Mein erster vor vielen Jahren, längst nicht mehr lieferbar, hieß übrigens Kopflos. Da wusste ich schon, worauf es ankommt!