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Rehview

Aus der Schreibmaschine geplaudert

Als Ghostwritern bin ich normalerweise für Menschen tätig. Und das war ich in gewisser Weise auch diesmal – doch eigentlich habe ich “Wildwechsel”  für ein Reh geschrieben und über ein Reh, eine sehr besondere Liebesgeschichte zwischen Susa Bobke und Schneewittchen, dem Rehkitz, das sie gerettet und ausgewildert hat. Mittlerweile ist es acht Jahre alt und zwölffache Mutter.

“Hallo, ich bin deine Ghostwritern”, sagte ich zu dem Reh. Es schaute mich ohne Neugier an. Es nahm mich einfach hin wie alles. Vor mir als Menschin wäre es weggelaufen. Aber ich kam ja mit Susa Bobke, seiner Adoptivmutter, und so zählte ich zu den Guten. Ich durfte das Reh streicheln und erzählte ihm von seinem Buch. Die Ohren, man nennt sie Lauscher, spielten. Was für eine wilde Situation. Ich erzähle einem Reh von seinem Buch. Und ich versprach ihm, seine Grenzen zu wahren. Doch kann ich das? Kenne ich als Mensch die Grenzen eines Rehs? Was ist ihm peinlich, ist ihm das peinlich? Sein eigenes Buch abzuschlecken? Oder ist es einfach die rehliche Art, Autogramme zu geben …

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Wildwechsel

Mit Susa Bobke habe ich schon mehrere Bücher geschrieben, darunter auch der Bestseller “Männer sind anders. Autos auch.” Mit diesem Buch zeigt sie sich von einer ganz anderen Seite, und es ist mir eine Ehre, diese Seiten mit Buchstaben begleitet zu haben.

 

 

Schockernte

„Da liegt eins! Da liegt eins!“ Die Stimme des kleinen Jakob durchschnitt den Sommernachmittag und den schweren Heugeruch, der über dem Tal hing. Die Bauern mähten wie die Nähmaschinen. Nach vielen Gewittern war für die nächsten Tage ein stabiles Hoch vorhergesagt. Nur sehr wenige Landwirte laufen vor dem Mähen durch die Wiesen, um nach Kitzen zu suchen. Man schätzt, dass pro Jahr in Deutschland eine halbe Million Wildtiere „vermäht“ werden. Ich war sehr froh, dass Jakobs Vater mir in meiner Eigenschaft als Jägerin in diesem Revier rechtzeitig vor dem Mähen Bescheid gegeben hatte. Trotz seiner vielen Arbeit auf dem Hof half er beim Suchen. Und nun hatte sein fünfjähriger Sohn ein Kitz gefunden, aber wo? Das Gras stand mir bis zum Bauchnabel, und es dauerte eine Weile, bis ich die Kinderhand über den Grasspitzen winken sah. Ich bahnte mir einen Weg durch die blühenden Gräser zu Jakob. Er strahlte mich an und zeigte auf eine kleine Fellkugel.

„Super hast du das gemacht“, lobte ich ihn.

Das Kitz schaute mich an. Keine Angst im Blick, aber auch keine Freude, seinen Rettern zu begegnen. Unter ein Büschel Gräser geschmiegt lag es da, so eins mit seiner Umgebung, dass man es leicht übersehen konnte, auch wenn man nah daran vorbeiging. Es war vielleicht eine Woche alt und wunderschön. Ein so süßes Kitzgesicht mit schwarzen Rehaugen und sehr langen Wimpern, mit riesengroßen Hasenohren und vielen weißen Punkten auf dem hellbraunen Fell. Ich bewegte mich langsam, um es nicht zu erschrecken. Ich sprach nicht, aber ich dachte zu dem Kitz hin: Ich trage dich jetzt raus aus dem Gefahrengebiet. Ich passe gut auf, dass ich dein Fell nicht berühre. Nichts wird dir geschehen. Weiterlesen

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