Schlagwort-Archive: Schreiben

Vom Schreiben Leben, Teil 1

Hauspost CoverbildUnd was machst du so?

Ich schreibe.

Wowh! Das ist ja interessant! Und … kannst du davon leben?

Heute ja. Früher … da war diese Frage für mich Folter.

Kannst du davon leben, das bedeutete für mich nämlich genauso viel wie: Bist du gut genug? Das wiederum bedeutete: Wer gut genug ist, kann davon leben. Weiterlesen

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Betriebsrat für Hunde

Die Schriftstellerin Michaela Seul und ihre Hündin Miss Lomax stehen auf einer Brücke und machen sich Gedanken über ihren Hundeblog, den es unter www.flipper-privat im Netz zu finden gibt

Etwas mehr als ein Jahr bin ich jetzt in meinem Job als Muse einer Schriftstellerin. Und da ich selbst kaum älter bin, könnte man durchaus von Kinderarbeit sprechen. In diesem Jahr habe ich acht Bücher schreiben müssen. Nein, ich beschwere mich nicht. Teppich knüpfen in Kellern ist viel schlimmer und gehört auf der ganze Welt verboten. Neulich dachte ich, ich sollte einen Betriebsrat gründen. Aber da ich ihre einzige Mitarbeiterin bin, die tragende Seule der Schreibwerkstatt sozusagen, habe ich dazu gar keine Zeit. Wir schreiben gerade ein Buch über eine Frau, die wegen Panikattacken sieben Jahre lang ihre Wohnung nicht verlassen hat. Sieben Jahre ohne Gassi! Da könnte man schon mal von der Brücke springen. Aber das machen wir nicht. Wir müssen weiter. Noch viele Buchstaben liegen vor uns …

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Trau keinem Schriftsteller!

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Dies ist der letzte Teil der Trilogie Schriftsteller sind Schweine. Schweine sind übrigens sehr nette und soziale Wesen, wen auch völlig verkannt, was daran liegt, dass sie sich gern im Matsch suhlen.

 

Wehe, du erzählst einem Schriftsteller was. Womöglich noch mit dem Hinweis der Vertraulichkeit, die er dir heimtückisch aus dem Herzen leiert, denn das können sie! Sich einschleichen, einen auf gut Freund machen und dann hinterrücks der Dolchstoß. Aber natürlich können sie nichts dafür. „Niemals hast du damit zu tun! Beim Schreiben habe ich doch nicht an dich gedacht!“

„So, und warum hast du dann fast wortgetreu wiederholt, was ich dir anvertraut habe? Und wieso hat deine Heldin eine Zahnlücke? So wie ich?“

„Nun, das muss mir passiert sein. Weißt du, nicht ich schreibe, sondern mein Unterbewusstsein.“

Haben Sie schon mal versucht es mit dem Unterbewusstsein aufzunehmen? Das klappt ja nicht mal mit dem eigenen, geschweige denn dem von anderen. Also vergessen Sie es.

Noch schlimmer ergeht es Partnern von Schriftstellerinnen, vor allem, wenn sie Krimis schreiben. Die werden schon mal mit einem Serienmörder verwechselt, nachts im Bad, und mit einem Schreikrampf begrüßt. Lieber Bad als Küche, wo die Messe liegen. Wird Zeit für eine Selbsthilfegruppe der Anonymen Angehörigen! Dort könnten sie Geschädigten sich wehren lernen: selber schreiben!

 

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Wie Schriftsteller ihren Freundeskreis ausbeuten

_MG_3900Geschwister von Schriftstellern haben es oft nicht leicht. Nur zu gern werden sie als Stofflieferanten missbraucht und ihre Gefühle ausgeschlachtet: Der erste Kuss, die zweite Sechs in Physik. Erzähl doch mal! Bloß nicht!  Wie Marionetten wurden viele Geschwister von ihren späteren Schriftsteller-Schwestern und Brüder hinaus in die Welt geschickt, um etwas zu erleben, was die kleinen Ohren dann begierig aufsaugten und Jahre später als Quell eigener Inspiration heraustrompeteten.  Geschwister von AutorInnen sind es, die den psychologischen und psychoanalytischen Berufsstand vor dem Ruin bewahren.

Die Lehrerin ist schuld

Es wundert mich, warum niemand erkennt, weshalb immer weniger Menschen den Lehrberuf ergreifen möchten. Als LehrerIn stehst du  im Rampenlicht des schriftstellerischen Gespötts! Du kannst nur Fehler machen, denn wer vermag das Genie bereits in der ersten Klasse zu erkennen? Ist es nicht doch eher Vernachlässigung durch die Eltern?  Sie fangen frühzeitig an mit ihren Notizen, die Genies von morgen. Schreiben können sie noch nicht, tippen schon.  Wie viele Lehrer wurden berufsunfähig, weil sie an den Pranger gestellt wurden. Und im Übrigen: Nicht nur sie: Auch Schulkameraden/Sportskameradinnen. Weh dem, der mit angehenden AutorInnen über den Bock springt. Da wird die Matte aber schnell weggezogen und die Landung ist hart.

Dass Bekannte und Freunde ausgeschlachtet werden wie Schweine, dazu mehr in der Fortsetzung nächste Woche, wenn auch die Partner und Partnerinnen von Schriftstellerin zu den Schlachtbänken in den Wortschmieden geführt werden.

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Wie ich schreibe – Teil 4: Wind und Sonne in der Dramaturgie

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Heute geht es weiter mit der Wetterkunde für AutorInnen – Hochs und Tiefs in der Dramaturgie.

Wo welcher Wind weht

Dass es in nordischen Krimis regnet, ist einfach so, und es ist ganz wunderbar. Ich glaube, wenn dort schönes Wetter herrschte, wären diese Krimis nicht so erfolgreich. Schon beim Kauf eines solchen Buches zieht man innerlich die Gummistiefel an und freut sich, es im Trockenen zu lesen, während die ermittelnden Kommissare ihre stets steif gefrorenen Hände um Kaffeetassen pressen. Vielleicht freue ich mich deshalb immer so, wenn die Kriminalkommissare in den Schwedenkrimis endlich zu Hause im Warmen sind, weil ich zuvor mit ihnen gelitten habe in diesem Sauwetter. Aus therapeutischen Gründen lese ich diese Krimis am liebsten im Spätsommer, wenn die bevorstehende nasskalte Jahreszeit mich zu melancholisieren droht. Mensch, Regen ist doch eigentlich ganz schön. Ich war einmal in der Karibik und hatte fünf Regenkrimis im Gepäck. Nie wieder habe ich solche Sehnsucht nach scheußlichem kaltem Regen verspürt. Insofern ist festzuhalten, dass Wetter keine austauschbare Begleiterscheinung ist, sondern ein dramaturgisches Element.

Liebe nur mit Bizeps

Das gleiche gilt für Liebesgeschichten. Eine Lovestory im November unter Dauerregen und -nebel will nicht richtig munden. Da fehlen die Düfte eines romantischen Spaziergangs, da fehlt der Sand zwischen den Zehen und das Schlagen der Brandung, dass die Liebesschwüre aus den Mündern reißt und in flatternden Fetzen von Rotkehlchen davongetragen wird, hoch hinauf einen blauen Himmel und nackte Beine blitzen auf unterm Glockenrock, während ein bronzefarbener Bizeps sich apfelrund in Positur rollt und das alles unterm blühenden Flieder.

Thriller meiden Sonne

Ein Thriller hingegen, in dem nicht genmanipulierte Rotkehlchen ohne jegliche Heiserkeit trillern, ein Thriller, in dem Tag für Tag die Sonne scheint, lässt keine richtige Stimmung aufkommen, außer diese alles vernichtende Sonneneinstrahlung wäre der Thrill. Ein Thriller fühlt sich wohl im Dunkeln und schleicht lieber tagsüber als nachts durch die Schlüsselszenen.

Selbstverständlich spielen auch die Tageszeiten eine Rolle. Das gleißende Morgenlicht verbreitet eine völlig andere Stimmung als die Nacht. Deshalb sollte beim Beginn eines Textes überlegt werden, in welcher Jahreszeit er handelt, auch bei einem Kammerspiel. Denn Wetter ist immer. Auch wenn die Fenster geschlossen sind. Auch wenn jemand im Verlies hockt. Dann ist es die Abwesenheit von Wetter, die es so bedeutsam macht.

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Wie ich schreibe – Teil 3: Hoch und Tief in der Dramaturgie

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Was wäre ein schwedischer oder finnischer Krimi ohne Sauwetter und ein englischer ohne Nebel, was wäre eine Romanze ohne blühende Frühlingswiese und ein Gruselroman ohne Gewitter, potz Blitz!

Das Wetter ist nicht nur eine lästige Begleiterscheinung in der Literatur; viele Autoren und Autorinnen greifen immer dann in die Wetterkiste, wenn ihnen scheinbar nichts Besseres einfällt. Übergänge wie

Seit Stunden schneite es

Übernacht hatte es geregnet

Endlich hatte das Wetter umgeschlagen

Eisblumen wuchsen an den Fensterscheiben

Der Sommer ließ noch immer auf sich warten

Das Thermometer zeigte an diesem Morgen vier Grad …

sind beliebte Floskeln, um von einem Absatz zum nächsten überzuleiten. Raffiniert eingesetzt leisten diese Kurzwetterberichte noch viel mehr als das: Gekoppelt mit sinnlichen Beschreibungen ziehen sie die Leser in den Textsog.

Straßen dampfen nach dem Regen, der auf das Dachfenster trommelt, der Schnee knirscht und kleine Eisbröckchen kleben zwischen Hose und Stiefelschaft, die Haut fängt an zu kribbeln in der Märzensonne, der Duft aufgeplatzter Blüten kribbelt in der Nase der Heldin, die Füße des Helden sind kalt und klamm und der Regen rinnt in kleinen Bächen über seinen Hals den Rücken entlang.

Wer Unwetter und Schönwetter geschickt in seine Handlung einbaut und mit Metaphern schmückt, wird sicherlich nicht der Floskelei bezichtigt. Doch wie wichtig ist es, sich beim Konzipieren eines längeren Prosastückes oder Romans über das Wetter Gedanken zu machen? Spielt es überhaupt eine Rolle? Und wenn ja, muss dieses Wetter dem derzeitigen Wetter in der Wirklichkeit entsprechen und was passiert, wenn der Autor oder die Autorin eine Schreibblockade erleidet, kann er oder sie sein oder ihr im Frühling handelndes Werk dann lediglich im Frühling weiterschreiben???

Fortsetzung folgt am 15. Juni mit Wind und Bizeps, Sonne und Thriller!

 

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Leseschwäche

_MG_3900Natürlich lese ich viel zu wenig. Es fehlt die Zeit, weil ich dauernd am Schreiben bin. Eine Freundin, sie liest sehr langsam und nicht gern, hat mal gesagt, mein Output pro Jahr würde sie an ihre Grenzen bringen. Das war in dem Jahr, als ich sieben Bücher schrieb. Mir ist aufgefallen, dass ich mich oft an den Ort, wo ich ein Buch gelesen habe, erinnere. Manchmal habe ich den Inhalt des Buches vergessen, weiß aber noch, wo ich es las. Wo hast du welches Buch gelesen?

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Wetten, dass …

_MG_3900… die Schriftstellerin bald grüne Pickel bekommt? Wetten, dass wird also abgesetzt. Das Flakschiff des ZDF. Oder Flaggschiff? Und früher wurde Wetten, dass mit scharfem S, also ß geschrieben … und ich schaute es im elterlichen Wohnzimmer an. Heute habe ich es schon lange nicht mehr gesehen, aber in meinen Thriller eingebaut, den ich gerade schreibe. Auf Seite 13 passiert etwas bei Wetten, dass – was mit einem Mord zu tun haben könnte. Wetten, dass ist tot. Ein Mord wird immer wahrscheinlicher. Denn ohne Wetten, dass funktioniert mein Plot nicht.

Ich fange also noch mal von vorne an. Das ist übrigens nicht das erste Mal, seit sie uns AutorInnen zum Beispiel die Telefonzellen weggenommen haben, Dreh- und Angelpunkte so vieler Plots. Weil sie Raritäten waren. Oder kaputt. Oder besetzt. Und deswegen geschah der Mord, konnte keine Hilfe geholt werden, traf nicht rechtzeitig ein, erstickte das Opfer ….

Allmählich gewinne ich den Eindruck, der technische Fortschritt sei ein Angriff auf die schreibende Zunft. Oder ist es ein Belastbarkeitstest? Ach, wir werden das schon schaffen. Kreative schaffen alles, wetten, dass …

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Das Alphabet im Bauch

_MG_3900Ich habe mal gelesen, dass es Aus-dem-Bauch-Schreiber und Aus-dem-Kopf-Schreiber gibt. Die einen fangen einfach an und lassen sich überraschen, im Krimi auch vom Mörder. Die anderen planen erst  und schreiben dann. Beide können beim Gärtner enden. Übrigens soll es wohl gleich viele Bauch- und Kopf-Autoren geben. Und ich?

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Der frühe Autor fängt das Wort

_MG_3900Je älter ich werde, desto früher werde ich. The early author catches the word? Der Morgen gehört mir. Manchmal sogar eine World. Niemand ruft an, die Verlage schlafen noch. Die Sonne ist aufgegangen, ich habe die ersten Wörter vom Horizont gepflückt, der Hund fetzt durch den Garten, Tulpen wachsen, Seiten wachsen, Forsythien platzen auf, ich reche Laub vom Herbst, ich häufle Vergangenheit und kehre über die Zukunft zurück in die Gegenwart, eine Amsel zwitschert Gedichte, es ist noch nicht zwölf, die Felder sind bestellt, jetzt über die Wiesen und Felder mit dem Hund, die Ohren spitzen und den neuen Wörtern beim Wachsen zusehen.

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