Archiv des Autors: Shirley Michaela Seul

Schrottpressen lügen nicht

Ich hab auch schon mal gejammert. Dass mein Beruf früher schöner war. Weil er mehr gemenschelt hat. Heute werden Zeitungsmeldungen bereits automatisch verfasst. Bücher auch. Sie werden gehandelt wie Autoreifen, der Inhalt interessiert nicht, Hauptsache es wird Geld damit verdient. Der letzte Schrott wird gedruckt, wenn man was damit verdienen kann. Es heißt, das wollen die Verlage. Sie sagen, das wollen die Leser. Weiterlesen

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Wolkenprosa

Als Kind stellte ich mir das Dasein einer Schriftstellerin, zu der ich heranwachsen wollte seitdem ich gehört hatte, dass ich einmal einen Beruf haben würde, sehr beschaulich vor. Ich würde in einem schönen Zimmer an einem schönen Schreibtisch sitzen und Geschichten erfinden, die ich mit einem gut flutschenden Kugelschreiber auf dickes Papier schreiben würde. Weiterlesen

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Bücher machen glücklich

Bücher machen glücklich, weil

… Lesen den Stress reduziert.

… sich der Wortschatz erweitert und man von Schätzen nie genug haben kann.

… Lesen die Konzentration fördert und je dichter das Leben, desto schöner

… es sexy ist, in viele verschiedene Frauen und Männer zu schlüpfen.

… wir so umweltfreundlich reisen können.

… sie die Kreativität entfachen.

… manche damit besser einschlafen können.

… Oder schönere Träume haben?

… klügere Menschen oft mehr Handlungsspielraum haben.

… Lesen das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, mindert.

Weil es eine der schönsten Nebensachen der Welt ist! Und was fällt dir dazu ein?

 

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Die kann die Tinte nicht halten

AutorInnen, die viel schreiben, werden in Verlagen schon mal verunglimpft als solche, die die Tinte nicht halten können. Vielleicht aber können sie keinen Ehemann halten oder konnten ihr Erbe nicht be-halten, womöglich gab es gar keins, und deshalb müssen sie Geld verdienen. Und weil man mit einem Buch pro Jahr nur in sehr, sehr, sehr seltenen Fällen genug Geld für ein Jahr in Deutschland verdient, schreiben manche zwei oder drei oder mehr. Sie gelten deshalb aber nicht als fleißig und zielstrebig. Denn das kann ja nicht gut sein, was sie da produzieren. Massenware. Ist es so? Weiterlesen

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Vorsätze sind wie Chipstüten

Was ist ein Vorsatz? Ein erster Satz und danach kommt dieser, der zweite? Einem Vorwort folgen viele Wörter.  Vorsätze treten gern ohne Absätze gehäuft am Jahresende auf. Ihre Haltbarkeit ist gering. Vorsätze sind wie Chipstüten. Weiterlesen

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Lieber spät als nie

Natürlich liebe ich alle meine Kinder gleich. Aber bei diesem ist das Herzblut noch ein bisschen dicker!

 

 

Die Ehemannzipation

„Diana, ich ess’ jetzt ein Käsbrot“, sagt mein Vater, und meine Mutter bereitet es ihm mundgerecht zu.

„Diana, ich trink jetzt einen Kaffee“, sagt mein Vater, und mein Mutter setzt Wasser auf. Vor vielen Jahren schob ich mir im Beisein meines Vaters einmal ein Bonbon in den Mund. „Für mich auch“, bat er. Ich reichte ihm eines, er legte es auf die Zunge und rief empört: „Da ist ja noch Papier dran!“

Ich bin eine von sehr vielen, gehöre zu einem geburtenstarken Jahrgang. In meiner Kindheit saß der Mann am Steuer. Papa bestimmte die Route des Familienschiffs und hatte das Ruder in der Hand, Mama ordnete sich unter beziehungsweise schob Papas Ruder mit Charme und Diplomatie in die von ihr gewünschte Richtung. Weiterlesen

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Lesen ist umweltfreundlich

Winter. Leise rieselt das Alphabet. Still und starr ruht der Satz. Weihnachtlich glänzet das Wort. Freuet euch, die Buchwelt kommt bald. Nein, sie ist schon da. Immer da. Ich mag ja den Sommer lieber, viel lieber. ABER! Im Sommer reise ich nach draußen. Schwimmen, radeln, laue Sommernächte. Im Winter reise ich nach innen.  Henning Mankell hat das in Treibsand so genannt: Hinauszusehen oder in sich hineinzusehen ist dasselbe. Und damit hat er Marcel Proust übersetzt: Jeder Leser ist ein Leser seiner selbst. Weiterlesen

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Salzliebe

Aus der Schreibmaschine geplaudert

Ich soll noch ein paar Liebesgedichte aus dem Schreibmaschinen-Zeitalter wiedergeben? Die Bitte hat mich überrascht – aber auch gefreut, weil ich dazu in den Keller darf. Wo meine Leichen liegen, auf Papier. Sie müffeln nicht und sind auch nicht mumifiziert. Flugs beatmet mittels Tastatur fliegen sie reinkarniert in eine Welt, von der sie bei ihrer Erstgeburt keinen blassen Schimmer hatten. Und ich auch nicht. Weiterlesen

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FKK

Aus der Schreibmaschine geplaudert

Heute ist Fasching. Da wage ich es. Und finde es faszinierend, dass dieser in Fanzines oft veröffentlichte Text aus dem Schreibmaschinen-Zeitalter heute so  für mich nicht mehr schreibbar wäre. Ich schaue alte Derricks und Tatorte allein deshalb, weil ich mich an den grauen Wählscheibentelefonen erfreue. Es sind Zeitdokumente. Und in den 1980er-Jahren … das gab es kein Me-too und Sexismus war normal wie der Klaps auf den Po der Kellnerin. Weiterlesen

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Meine fetten Jahre sind vorbei

 

Eine kalorienreiche Lebensgeschichte, die mich beim Schreiben sehr berührt hat. Und ich habe endlich mal die Oberpfalz kennengelernt durch Reinhard Stummreiter, die Kultfigur des dicken Trommlers der Altneihauser Feierwehrkapell’n.

 

Der Paukenschlag

„Eine Leberkassemmel bitte“, sagte ich zu der Metzgereiverkäuferin in Windischeschenbach, zögerte, „na, glei zwoa oder gib ma lieba drei.“

„Sempf, Ketschup?“

„Nix.“

„Glei essen oder eipacken?“

„Eipacken.“

„Dreisechzig.“

Ich legte einen Fünfeuroschein auf die Theke und nahm die drei Alupäckchen in Empfang. Das Wasser lief mir im Munde zusammen. Blöd, dass die in der Metzgerei keine Nussherndln hatten. Nussherndln mit Leberkassemmel, das mochte ich besonders gern. Und dazu einen Kaba oder eine Capri Sonne, stilecht mit Strohhalm. Weiterlesen

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