Wenn ich das Buch nur gelesen und nicht auch noch geschrieben hätte, würde ich denken: Das also ist AUCH Yoga? Ja, Yoga ist alles – OIS IS YOGA – und die Zusammenarbeit mit Percy Shakti Johannsen war eine große Freude für mich. Manchmal direkt feierlich bei all der Feierstimmung!
Die Brezenmeditation
Angenommen du betrittst eine Bäckerei in der Absicht, eine Breze zu kaufen. Dein Blick schweift über die Brotkörbe, du erkennst das Objekt deiner Begierde. Hinter der Theke steht noch so ein Ding auf zwei Beinen, und wenn du höflich bist, grüßt du, wenn nicht, verlangst du gleich, weswegen du hier bist: Eine Breze. Okay, du bist freundlich: bitte.
Das Ding hinter der Theke ist kein Brezenautomat, sondern ein Mensch. Und irgendwo in diesem Menschen gibt es einen Little Guru. Du erkennst ihn vielleicht nicht. Doch dein eigener Little Guru nimmt ihn wahr, und so öffnet sich auch dein innerer Blick. Du bist wach und klar und präsent, wenn du dir über deinen Little Guru bewusst bist – der mit dem Little Guru der Verkäuferin kommuniziert. Mit der du mittlerweile ebenfalls in gutem Kontakt bist: Sobald dein Little Guru aktiv ist, bist du offen für andere Menschen.
Ich betrete ein Geschäft, eine Bäckerei und sage oft nicht nur „Guten Morgen“, ich frage auch „Geht’s Ihnen gut?“ Und dabei schaue ich dem Menschen hinter der Theke in die Augen.
Meine Bäckerin wundert sich nicht mehr. Die kennt mich ja schon. Fremde Verkäuferinnen und Verkäufer reagieren häufig erst mal irritiert. Denn für die bin ich ja kein Mensch. Sondern ein Geldautomat. Und so läuft die Begegnung zwischen Brezenautomat und Geldautomat dann auch oft ab. Wir reduzieren Menschen auf ihre Funktionen und werden selbst reduziert. Wollen wir das? Keiner will das. Und trotzdem tun wir es. Dabei ist es so einfach, dies zu verändern: Mit deiner Einstellung zu den Menschen, die dir begegnen. Indem du wahrnimmst, dass es keine Automaten, sondern Menschen sind mit Little Gurus. Und vor allem: Indem du ihnen in die Augen schaust – bewusst. Erst dann wird eine Begegnung zu einer wahrhaftigen. In jeder Begegnung, ob zufällig oder verabredet, können wir lernen und lehren.
Mein Little Guru ist inzwischen ziemlich anspruchsvoll. Breze allein genügt dem nicht, damit lässt der sich nicht abspeisen. Der will was Richtiges, der will in Resonanz gehen mit anderen Menschen. Und ich muss sagen: Mir schmeckt das auch besser. Und es hat im Übrigen null Kalorien, beziehungsweise nur Herzenskalorien, und die verwandeln sich niemals in Fettzellen, sondern in Liebe, und die leuchtet. Es leuchtet in dir, und du strahlst nach außen. So kannst du nicht nur über Brezen philosophieren und meditieren und dich austauschen, sondern auch beim Tanken, in der Bank, wann immer du wartest, überall, wo du anderen Menschen begegnest, kannst du dich fragen: Sehe ich diese Wesen? Ist es mir bewusst, dass sie sind wie ich? Sie haben ungefähr denselben Körper und wahrscheinlich dieselben Wünsche wie ich. Sie wollen genug zu essen haben, gesund sein und ein glückliches Leben führen. Sie sind auf die Welt gekommen wie ich, sie haben geatmet, und wir haben dieselben Rechte. Oder sehe ich nur mich als Menschen und die anderen sind irgendwelche Dinger außen rum? Ist es nicht faszinierend, dass man selbst für die anderen genauso ein Ding ist? Weil ja jeder den Mittelpunkt seiner Welt bildet. Wie gehst du damit um? Erweiterst du deinen Horizont? Und was siehst du dann? Vielleicht ein Wir? Wir alle miteinander.
Natürlich kannst du der Meinung sein: Ob ich jetzt meine Breze bei einem Automaten kaufe oder einer Little-Guru-Beseelten ist doch Wurst, beziehungsweise Brot. Ich glaube, das ist auch eine Geschmacksfrage. Erstens könnte die Breze, die du in wahrhaftigem Kontakt gekauft hast, ein wenig schimmern. Ein Gruß des Little Guru, wie ein Segen, der auf allem liegt, was du mit Liebe tust. Zweitens, und das ist noch viel entscheidender: Du vergeudest das Jetzt, wenn du nicht präsent bist. Jeder Augenblick deines Lebens bietet dir die Möglichkeit, ein wunderbarer Moment zu sein. Das gelingt aber nur, wenn du wirklich anwesend bist. Nicht in Gedanken irgendwo. Automatenhandlungen werden meistens vollzogen. Also verschenkst du viele, unzählige Momente. Dauernd reicht dir jemand Lose mit der Gewinnaussicht auf den schönsten Augenblick deines Lebens, und du wirfst sie achtlos weg, merkst es nicht, weil du darüber nachdenkst, was dein Kollege vorhin gemeint hat, als er sagte, dass der Ausdruck des Auftrag XYZ einen Kaffeefleck habe. Dass du schlampig arbeitest? Dass du mit deinen Terminen hinterherhinkst? Stell dir mal vor, er hätte gar nichts anderes gemeint, als dass der Auftrag XYZ einen Kaffeefleck habe. Und dafür hast du so viele Lose über den Jordan gehen lassen! Du hast aber nicht unendlich viele Augenblicke in diesem Leben. Also, das klingt jetzt vielleicht egoistisch, aber ich möchte schon gern ein schönes Leben, und da es sich aus vielen Augenblicken zusammensetzt, sorge ich dafür, dass sie so schön wie möglich sind, was aber nur möglich ist, wenn ich bewusst atme, mit meinem Little Guru verbunden bin … und deshalb die Welt so wunderschön und reich und herrlich erfahre.