Hinter jeder Figur eines Schriftstellers stecken Vorbilder in der Realität. Wer AutorInnen kennt, muss jederzeit damit rechnen, beschrieben zu werden. Und das kann weh tun. Denn das Autorenauge ist oft unbarmherzig. Wie Schläfer leben viele von ihnen unerkannt in unserer Mitte … und unterwandern ihre Angehörigen, wenn ich mal den Snowden geben darf.
Als Angehörige ist man seinen AutorInnen machtlos ausgeliefert. Angehörige von AutorInnen sind wie Labormäuse und -ratten – und keine Schutzorganisation kümmert sich um uns. Sie sind einer messerscharfen, zuweilen sezierenden Beobachtungsgabe gnadenlos ausgesetzt. Ehemänner und -frauen, Kinder, Eltern, Tanten und Onkel und Geschwister haben schier Übermenschliches auszuhalten. Dabei würde es ohne sie keine Bücher geben, jawohl! Niemand glaubt im Ernst, dass sich die verehrten KünstlerInnen all ihre Geschichten aus den Fingern saugen. Da wären sie ja ganz schnell buchstabenarm.
Die Kindheit
Ohne die bösen, bösen Eltern wäre die Literatur um ein Fünftel ärmer. Konsequent formuliert: Ohne sie gäbe es gar keine Literatur. Nur weil sie ihre armen Kleinen so sehr gequält haben, psychisch und physisch, konnten sie sich später zu literarischen Höhenflügen aufschwingen. Niemand fragt in diesem Zusammenhang nach den Genen, obwohl doch sonst immer sofort nach ihnen gerufen wird. Es gibt keine stärkere Motivation als die Suche nach Liebe, denn sie ist gekoppelt an die Suche nach Anerkennung, und darum geht es den Autoren: Ruhm! Mami hat mich nicht gestillt, deshalb drängt es mich leidenschaftlich zur Buchhändlerinnenbrust?
Fortsetzung folgt nächste Woche: Geschwister und SchulfreundInnen als Informanten.