Vom Schreiben Leben, Teil 2

Hauspost CoverbildKannst du vom Schreiben leben bedeutet: Hast du Erfolg damit? Erfolg wird in unserer Gesellschaft fast ausschließlich in barer Münze aufgewogen. Erfolgreich ist, wer viel Geld verdient. Alle Menschen, die in der Öffentlichkeit als erfolgreich gelten, sind reiche Menschen. Arme erfolgreiche Menschen gibt es nicht. Sonst würden wir vielleicht mal was von ihnen hören. Ich frage mich, ob nicht jedes Leben, das glücklich gelebt wird, ein erfolgreiches ist. Denn was habe ich vom vielen Geld, wenn es mir beschissen geht? Sollte das viele Geld zum Erfolg gehören, dann verzichte ich darauf. Und ich verzichte auch auf den Maßstab, mit dem die breite Masse misst. Wer sagt denn, dass ich den an mein eigenes Leben anzulegen habe? Ich definierte Erfolg anders. Damit befand ich mich in einer Randgruppe und diese Randgruppe balancierte oft am Randstein. Nach dem Motto: Was bleibt diesen Versagern denn anderes übrig, als einen anderen Maßstab anzulegen. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken.

Wenn ich gefragt wurde: Kannst du vom Schreiben leben?

Dann erwiderte ich: Zum Glück muss ich nicht davon leben.

Als ich dann feststellte, dass ich mich tatsächlich glücklich schätzen konnte, nicht vom Schreiben leben zu MÜSSEN, hatte ich eine Menge AutorInnen kennen gelernt, die nicht davon leben konnten, sondern davon leben mussten. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es welche gibt, die davon leben können. Das Können wird schnell zu einem Müssen, und dann wird das, was einmal ein freies, unbändiges Wildpferd war zu einem Wallach im Geschirr.

Eine von vielen erzählt: Früher, da schrieb ich, wann ich wollte. Manchmal nächtelang, dann zwei Tage nichts. Ich schrieb alle verrückten Ideen auf, die ich hatte. Dann kam mein erstes Buch. Und es lief ja ganz gut. Bloß: Ich sollte nun so weitermachen. Jetzt sollte ich einen Roman schreiben und zwar zeitgenössisch.

Das will ich eigentlich nicht, sagte ich.

Das müsste ich aber, sagte der Verlag. Schließlich wollte ich doch Erfolg haben. Sonst würde es eben bei meinem ersten Titel bleiben. Und wie schade das wäre. Wo doch alles so vielversprechend angefangen hätte. Außerdem könnte ich meine Leserschaft doch nicht enttäuschen, indem ich jetzt etwas ganz anderes machte. Aber wenn ich das doch will, widersprach ich schon ziemlich kleinlaut.

Das könnte ich ja immer noch tun, wenn ich ein Stammpublikum erobert hätte, sagte man mir im Verlag.

Aber der Druck, das abzuliefern, was die wollen, das zu tun, was von mir erwartet wird, macht mir zu schaffen, und manchmal sehne ich mich nach der Zeit, als ich mir über solche Dinge keine Gedanken machte, sondern einfach das schrieb, worauf ich Lust hatte. Früher war ich frei. Heute bin ich unfrei.

Mehr zum Thema “Vom Schreiben leben” gibt es in fünf Tagen hier in der Hauspost.

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7 Gedanken zu „Vom Schreiben Leben, Teil 2

  1. Gitti Prechtl

    Wenn ich so darüber nachdenke, drängt sich mir die Frage auf, ob es wirklich so ein Glück ist, wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann. Macht man das dann wirklich noch so gerne? Oder möchte man alles am liebsten hinschmeissen und ganz von vorne anfangen? Suche ich mir dann ein anderes Hobby, um wieder Abstand zu gewinnen und Luft zu holen? Oder mache ich mein Hobby nur dann zum Beruf, wenn ich mir überhaupt nichts anderes vorstellen kann, was ich außerdem machen könnte? Ich weiß es nicht.

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  2. Vera und Die 12Pfoten

    Erfolg ist, wenn ich abends mit meinem Tag zufrieden war. Wenn eine durchwachte, weil durch gearbeitete Nacht mich nicht erschöpft hat, sondern eine zufriedene Schwere hinterlässt. Was ist schon Geld? Manchmal ein goldener Käfig. Golden, aber ein Käfig.

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  3. M. Meindl

    Sehr geehrte Frau Seul,
    danke auch für diesen zweiten Teil. Den ersten Teil hatte ich bereits mit Gewinn gelesen. Ich lese Ihre Gedanken immer gerne und verbleibe
    mit den besten Wünschen
    Marion Meindl

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