Draußen wird es hell und die, die glaubt, sie sei meine Chefin, rührt sich noch immer nicht. Chefin behauptet sie, sei sie. Nicht Frauchen oder Frauli. Darauf legt sie Wert. Ich lasse ihr die Illusion. Wie man nur so lange schlafen kann! Und das als Chefin! Chefinnen sollten doch wohl die Ersten sein. Ich belle nicht, dann kann sie wieder mit mir angeben. Wie toll das ist, dass ich sie schlafen lasse. Dass ich über zwölf Stunden dicht halte. Dass ich sie überhaupt nie störe, sondern mich ganz ihrem Rhythmus anpasse.
Ich fiepe ein wenig. Sehr leise und gerade so dosiert, dass sie aufwachen wird. Das ist ein Erfahrungswert. Sie weiß nicht, dass ich sie wecke. Sie glaubt, sie wache von selbst auf. Und – oh Wunder – kaum wach, meldet sich ihr Hund. Das bin ich. Ich würde es nicht riskieren, sie wissen zu lassen, dass ich sie geweckt habe. Chefinnen brauchen Illusionen. Sonst sind sie schlecht gelaunt. Dann dauert es noch länger, ehe sie sich bequemt, meine Nudeln in heißem Wasser einzuweichen, eine Dose herauszusuchen, den Dosenöffner zu nehmen, den sie zwar stets an dieselbe Stelle legt, aber dennoch nie findet, und endlich mein Frühstück zuzubereiten. Obwohl sie davon überzeugt ist, ich könne nicht kausal denken, maßregelt sich mich gerne für kausale Fehler. Also: Ich war ungeduldig, das Essen verzögert sich. Solche Fehler habe ich nur in meiner Welpenzeit begangen. Und auch nur wenige Male. Ich bin schließlich ein Hund. Im Übrigen bin ich sehr froh, dass sie denkt, ich könne nicht denken. Oder nur ansatzweise. Das eröffnet mir unendliche Räume der Freiheit.